Pittsburgh Titans: Cannon

Originaltitel: Cannon: A Pittsburgh Titans Novel
Übersetzer: Sandra Martin

Erschienen: 08/2023
Serie: Pittsburgh Titans
Teil der Serie: 6

Genre: Contemporary Romance, Sport Romance
Zusätzlich: Contemporary

Location: USA, Pittsburgh


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-642-3
ebook: 978-3-86495-643-0

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Pittsburgh Titans: Cannon


Inhaltsangabe

Cannon West gab seine Karriere als Eishockeyspieler auf, um bei seiner sterbenden Frau zu sein. Seither hat er auf der Trainerbank Erfolg. Nun hofft er, als jüngster Cheftrainer der Liga-Geschichte die Pittsburgh Titans zu einer erfolgreichen Saison zu führen. Das Letzte, wonach er sucht, ist eine Beziehung, aber das Leben führt uns manchmal in eine andere Richtung.

Die Pittsburgh Titans arbeiten immer noch daran, das tragische Flugzeugunglück zu verarbeiten. Als Witwer weiß ich alles über Trauer und Schuldgefühle, was mich dazu befähigt, dieses Team auf die nächste Stufe zu heben. Sobald ich das erste Mal das Stadion der Titans betrete, weiß ich, dass ich hierher gehöre.

In der mir noch fremden Stadt muss ich alles neu entdecken, aber eines wird schnell zur Routine: Der morgendliche Besuch im Café und meine dortigen Schwätzchen mit der hübsche Geschäftsführerin. Aber egal, wie sehr ich meine - zugegebenermaßen unbeholfenen - Flirtversuche mit Ava Cavanaugh genieße, ist mir bewusst, dass es nie mehr als ein heißes Geplänkel sein darf. Mein Job nimmt meine gesamte Zeit in Anspruch, und ich weiß aus erster Hand, was das für eine Beziehung bedeutet.

Das heißt aber nicht, dass ich nicht für ein bisschen Spaß zu haben bin. Meine Karriere steht an erster Stelle, aber Ava akzeptiert meine Grenzen und ich gebe der Versuchung nach. Leider verschwimmen die Grenzen meiner selbst gesetzten Regeln und meine gemischten Signale verletzen Ava tief.

Nun muss ich die Kraft finden, meine Ängste zu überwinden - oder ich riskiere, meine zweite Chance auf Liebe mit der Frau zu verlieren, die mein Herz gestohlen hat ...

Über die Autorin

Seit ihrem Debütroman im Jahr 2013 hat Sawyer Bennett zahlreiche Bücher von New Adult bis Erotic Romance veröffentlicht und es wiederholt auf die Bestsellerlisten der New York Times und USA Today geschafft.
Sawyer nutzt ihre Erfahrungen als ehemalige Strafverteidigerin in...

Weitere Teile der Pittsburgh Titans Serie

Leseprobe

Cannon

Ich mag das Stadtleben. Ich besuche zwar nur selten die schicken Restaurants und angesagten Kneipen, die alle nur ein paar Häuserblocks von meiner Wohnung entfernt liegen, aber mir gefällt die Tatsache, dass ich sie bequem zu Fuß erreichen kann.
Als ich vor eineinhalb Monaten hierherzog, habe ich schon nach kurzer Zeit ein Café gleich um die Ecke gefunden. Ich bin kaffeesüchtig und in dieser Hinsicht etwas wählerisch, und so wurde The Grind die Anlaufstelle für meinen ersten Koffeinschub des Tages.
Wenn ich in der Stadt bin, gehe ich jeden Morgen dort vorbei, denn der Laden öffnet bereits um...

...sechs Uhr.
Als ich an diesem Morgen um sechs Uhr dreißig das Café betrete, fällt mein Blick sofort auf Ava. Sie sitzt an ihrem üblichen Ecktisch vor einem iPad, das über Bluetooth mit einer Tastatur verbunden ist, und hat einen Stapel Papiere neben sich liegen. Wie immer, wenn sie konzentriert arbeitet, kaut sie auf ihrem Stift herum und tippt etwas, nachdem sie eines der Papiere durchgelesen hat.
Vor mir wartet nur ein Mann, der bei der Barista gerade seinen Cappuccino bezahlt und dann beiseitetritt, um auf sein Getränk zu warten.
Das Mädchen schenkt mir ein strahlendes Lächeln. „Hi, Cannon. Das Übliche?“
Ich bin tatsächlich oft hier. „Ja, bitte. Und dazu noch einen kleinen Espresso.“
„Lange Nacht?“, mutmaßt sie mit einem mitfühlenden Blick.
„Nichts, was euer Kaffee nicht beheben könnte.“
Sie stößt ein Lachen aus, und ich stimme mit ein, als ich meine Kreditkarte an das Lesegerät presse.
Dann gehe ich weiter zum Abholschalter. Der Kunde vor mir hat den Kopf über sein Handy gebeugt. Als ich mich neben ihn stelle, sieht er kurz auf und senkt wieder den Blick, nur um erneut den Kopf zu heben und mich mit einem fragenden Ausdruck anzustarren. Offenbar komme ich ihm bekannt vor, doch zugleich ist er sich nicht ganz sicher, wer ich bin.
Als ich als neuer Cheftrainer zu den Titans gestoßen bin, wurde viel über mich berichtet, doch die Gesichter des Trainerstabs sind weniger bekannt als die der Spieler, es sei denn, man ist ein eingefleischter Eishockeyfan. Aber wie immer an einem normalen Arbeitstag, an dem wir kein Spiel haben, trage ich eine Cargohose und ein Poloshirt mit dem Teamlogo. Und wenn es, wie heute, etwas kühler ist, ziehe ich mir zudem eine Jacke oder einen Mantel an, auf dem ebenfalls das Logo der Titans prangt.
Es ist unglaublich, wie viel Mannschaftskleidung ich von den Titans bekomme, doch sie weist mich nicht unbedingt als Mitglied des Teams aus. Mindestens jede fünfte Person, der ich auf der Straße begegne, trägt die Fanbekleidung eines Sportteams aus Pittsburgh, sei es nun ein Baseball-, Football- oder Eishockeyteam. Die ganze Stadt ist sportverrückt.
Ich schenke ihm ein Lächeln, doch bevor er etwas sagen kann, wird sein Name aufgerufen. Er schnappt sich seinen Kaffee und macht sich auf den Weg zum Ausgang, wobei er mir im Vorbeigehen zunickt. Ich wette, später wird er jemandem erzählen: „Alter … ich glaube, ich stand heute neben Cannon West, aber ich bin mir nicht sicher. Er hatte eine Mütze auf, doch er trug eine Jacke der Titans. Möglich, dass er es war.“
Ehrlich gesagt, ziehe ich die Anonymität eines Trainers dem Ruhm eines Spielers vor. Dadurch sind so banale Dinge wie das Bestellen einer Tasse Kaffee wesentlich einfacher.
Ein junger Mann schiebt mir den Kaffee über den Tresen. „Hier bitte, Cannon.“
Ich habe keine Ahnung, ob die Angestellten wissen, wer ich bin. In all den Wochen, in denen ich jetzt schon hier meinen Kaffee hole, haben sie mich nicht einmal danach gefragt. Sie kennen meinen Vornamen nur, weil sie ihn mit schwarzem Filzstift auf meinen Becher schreiben. Sie tuscheln weder miteinander, noch werfen sie einander verschwörerische Blicke zu, wenn sie glauben, dass ich nicht hinsehe, und sie haben mich noch nie um ein Autogramm gebeten. Auch deshalb mag ich diesen Laden, hier kann ich einfach ich selbst sein.
Wie üblich setze ich mich an den Tisch neben Ava und betrachte sie, während sie sich auf ihre Arbeit konzentriert. Sie hat ihr dunkles Haar zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden und trägt die gleiche marineblaue Schirmmütze, auf deren Vorderseite das Firmenlogo prangt, wie die anderen Baristas. Zu ihrer Uniform gehören zudem ein marineblaues Polohemd mit dem Logo über der linken Brust, eine Cargohose und Turnschuhe. Auf der anderen Seite der Brust ist ein Schild mit ihrem Namen angebracht, unter dem in kleinerer Schrift „Assistenzmanager“ steht.
„Sie helfen meinem Ego nicht, wenn Sie mich ignorieren“, sage ich, als ich mich auf meinem Stuhl niederlasse.
Sie hebt zwar nicht den Kopf, um meinem Blick zu begegnen, doch ich kann sehen, wie sie die Lippen zu einem Lächeln verzieht. „Sie haben kein Ego.“
„Das ist wahr, aber Sie könnten mich mit einem ‚Hallo, Cannon, wie geht es Ihnen heute Morgen?‘ begrüßen.“
Ava blickt zu mir auf, und genau wie an jenem Tag, an dem wir uns zum ersten Mal hier begegnet sind, bin ich für einen Augenblick sprachlos. Sie ist wunderschön, wobei vor allem ihre hellgrünen Augen hervorstechen. Ich habe diese Farbe noch nie bei einem anderen Menschen gesehen. Meine haselnussbraunen Augen haben zwar einen grünen Schimmer, doch sie sind matter und funkeln nicht wie ihre Iriden.
Sie verzieht die Lippen zu einem Lächeln und entblößt ihre geraden weißen Zähne, bevor sie mir die Worte aus dem Mund nimmt: „Hallo, Cannon, wie geht es Ihnen heute Morgen?“
„Gleich viel besser, da Sie mich jetzt beachten und mein Ego streicheln“, scherze ich.
Ava verdreht die Augen und widmet sich wieder ihrer Arbeit. Aber sie ignoriert mich nicht, sondern erwidert: „Wie bereits gesagt, Sie haben kein Ego und wissen verdammt gut, wie charmant Sie sind.“
„Das hört sich schon besser an“, entgegne ich scherzhaft, wobei ich einen Ellbogen auf dem Tisch abstütze und das Kinn in die Handfläche lege, um sie anzustarren „Was sonst noch?“
Ava beginnt zu tippen und hat den Blick auf den Bildschirm geheftet, doch dann lacht sie leise. „Mal sehen … Sie haben Humor – selbst wenn Sie mir damit manchmal auf die Nerven gehen –, Sie sind sympathisch, und hin und wieder machen Sie sogar einen ziemlich intelligenten Eindruck.“
Ich lehne mich mit einem Schnauben zurück, nippe an meinem Kaffee und beobachte sie. Denn ich weiß, dass ich damit auch an ihren Nerven zerre.
Ava und ich haben uns an jenem Tag kennengelernt, an dem ich um halb sieben an einem Dienstagmorgen zum ersten Mal dieses Café betrat. Sie saß an genau demselben Tisch, an dem sie jetzt sitzt, doch ich habe sie anfangs gar nicht wahrgenommen. Ich war gerade mitten in ein Telefongespräch mit Callum Derringer vertieft, als ich mich an den Tisch neben ihr setzte und meinen Becher umkippte. Fluchend sprang ich auf, ehe der Kaffee auf meine Hose rinnen konnte, und im nächsten Moment stand Ava vor mir und wischte den Tisch ab.
Noch bevor ich mein Gespräch mit Callum beendet hatte, hat sie mir einen frischen Kaffee gebracht.
„Geht aufs Haus“, sagte sie und setzte sich mit ihrem iPad zurück an ihren Ecktisch.
Mir war klar, dass sie eine Angestellte war, was man nicht nur an ihrer Uniform erkennen konnte, sondern auch daran, dass sie mir einen Kaffee ausgab. Aber sie war mehr als nur eine Barista, denn sie erledigte Papierkram.
Ich stellte mich vor, wobei wir lediglich unsere Vornamen austauschten, doch das war alles, was wir an jenem Tag gesagt haben.
Irgendwann während der vergangenen Wochen haben wir begonnen, miteinander zu flirten. Hin und wieder lästert sie spielerisch über mich und verzieht dann die Lippen zu einem verschmitzten Grinsen. Unsere Gespräche gehen nie in die Tiefe, doch wir frotzeln jeden Tag miteinander, wenn ich den Laden betrete und sie vor ihrer Arbeit sitzt. Ich muss zugeben, dass ich nicht gerade ein Meister im Flirten bin. Tatsächlich sind meine Fähigkeiten so eingerostet, dass sie schon quietschende Laute von sich geben. Dennoch erwidert Ava mein Geschäker, indem sie mich auf erheiternde Weise aufzieht.
Wir tauschen immer nur ein paar Worte aus, bis ich meinen Kaffee getrunken habe. Ich weiß ihren scharfen Verstand zu schätzen, doch sie ist auch verdammt sexy. Ich frage mich, warum sie hier arbeitet, denn ich habe mich oft genug mit ihr unterhalten, um zu wissen, dass sie zu klug ist, um in einem Café zu arbeiten.
Ava blickt auf und verzieht die Lippen zu einem Grinsen, während ich sie weiterhin anstarre. „Ich habe heute Ihr Ego gestreichelt. Wie wäre es, wenn Sie zur Abwechslung auch meines streicheln?“
„Das wären eine ganze Menge Streicheleinheiten, und ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie gut genug kenne“, entgegne ich.
Sie wirft den Kopf in den Nacken und stößt ein rauchiges Lachen aus, das obendrein verdammt sinnlich ist. Dann verdreht sie die Augen. „Ich habe Ihnen vor etwa sechs Wochen einen Kaffee spendiert. Sie kennen mich gut genug.“
„Also schön.“ Mit einer ausladenden Handbewegung zeige ich auf den Tisch, an dem sie arbeitet. „Sie tippen sehr hübsch.“
Ava verzieht den Mund und schüttelt amüsiert den Kopf, während sie sich wieder ihrem iPad zuwendet. „Sie sind nicht gerade ein Flirtexperte.“
„Einen Moment mal … flirten wir etwa miteinander?“, frage ich mit gespielter Überraschung.
„Sie ganz sicher nicht. Kein Mädchen will von einem Mann hören, dass es hübsch tippt.“
Ich grinse und trinke noch einen Schluck Kaffee. „Wie wäre es, wenn ich Sie irgendwann auf einen Drink einlade? Ich werde versuchen, bis dahin an meinen Fähigkeiten zu arbeiten.“
Ava wendet sich mir ruckartig zu und sieht mich mit einem entgeisterten Funkeln in den Augen an. „Wie bitte?“
Ich bin selbst ein wenig überrascht, denn ich bin nicht mit der Absicht hierhergekommen, mich mit ihr zu verabreden. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass ich eine Frau bitte, mit mir auszugehen, aber ich habe kaum Zeit für Rendezvous. Meine Arbeit hält mich viel zu sehr auf Trab und scheint immer wichtiger zu sein als alles andere.
Aber Ava hat definitiv meine Aufmerksamkeit erregt. „Sie haben mich schon verstanden. Ich würde Sie gern auf einen Drink einladen.“
„Äh.“ Mit einem Stirnrunzeln wendet sie sich wieder dem Bildschirm zu, doch einen Moment später sieht sie mich wieder an und fragt verwirrt: „Sie wollen mit mir ausgehen?“
Nun runzle ich die Stirn. „Ist das denn so schwer zu glauben?“
„Nun … Sie sind …“ Sie zeigt mit einer ausladenden Geste auf mich, während sie mühsam nach Worten ringt. „Sie sind … Sie wissen schon …“
Ich schüttle langsam den Kopf. „Ich weiß wirklich nicht, was Sie meinen.“
„Sie sind …“, setzt sie erneut an und wirft einen Blick zum Tresen, an dem gerade drei Leute auf ihren Kaffee warten. Dann wendet sie sich wieder mir zu und senkt die Stimme. „Sie sind der Trainer der Titans. Ich arbeite in einem Café.“
Langsam verziehe ich die Lippen zu einem Lächeln. „Ich habe mich schon gefragt, ob Sie mich erkannt haben. Sie haben nie den Eindruck erweckt, als wüssten Sie, wer ich bin.“
Ihre Wangen laufen hochrot an. „Ich wusste es nicht. Eine der Baristas hat sie erkannt und es mir erzählt, kurz nachdem Sie das erste Mal hier waren. Ich wollte keine große Sache daraus machen.“
„Darüber bin ich froh“, versichere ich ihr.
„Aber Sie sind eine große Nummer“, wirft sie ein und wendet sich dann wieder ihrer Arbeit zu, als wäre damit das Gespräch für sie beendet.
Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Und Sie haben Vorurteile gegen Leute, die eine große Nummer sind?“
Sie hebt den Kopf und starrt mich mit finsterem Blick an. „Natürlich habe ich keine Vorurteile.“
„Dann können Sie auch mit mir etwas trinken gehen. Es ist ganz einfach.“ Im nächsten Moment kommt mir jedoch ein Gedanken. „Es sei denn, Sie haben einen Freund.“
Ava schnaubt. „Ich habe keinen Freund. Aber ich bin sicher, dass Sie sich noch mehr ins Zeug legen können.“
„Woher wollen Sie wissen, wozu ich fähig bin?“
Sie ignoriert mich und tippt weiter, doch ich lasse mich nicht beirren. „Wie lautet Ihr Nachname?“
Sie horcht auf und wirft mir einen Blick aus dem Augenwinkel zu, bevor sie antwortet: „Cavanaugh.“
Ich ziehe mein Handy aus der Tasche, rufe die Kontakte auf und lege einen neuen an. „Ava Cavanaugh. Und Ihre Telefonnummer?“
Sie begegnet meinem Blick und legt den Kopf schief. „Wirklich?“
„Ja, wirklich. Wir werden zusammen etwas trinken gehen.“
Sie starrt mich nur an.
Ich starre zurück und weigere mich, zu blinzeln. „Ihre Telefonnummer, bitte.“
Sie stößt einen frustrierten Seufzer aus und reißt mir das Telefon aus der Hand. „Also schön.“
Ich beobachte, wie sie ein paar Zahlen eintippt, bevor sie mir das Gerät zurückgibt, doch ich werfe misstrauisch einen Blick darauf. „Sie haben mir nicht gerade eine falsche Nummer gegeben, oder? Ich weiß nämlich, wo Sie arbeiten, daher können Sie mir nur schlecht aus dem Weg gehen.“
Mit einem Lachen schüttelt sie den Kopf und macht dann eine Geste, als wollte sie mich verscheuchen. „Gehen Sie. Sie stören mich bei der Arbeit.“
Es gefällt mir, dass sie sich von meinem Bekanntheitsgrad nicht einschüchtern lässt und mir sagt, ich solle verschwinden. „Ich rufe Sie später an, um mit Ihnen ein Datum zu vereinbaren.“
Sie reagiert nicht, doch ich weiß, dass sie mich nur ärgern will. Allerdings werde ich ihr nicht das letzte Wort gönnen.
Ich baue mich vor ihrem Tisch auf und lehne mich vor, sodass sie den Kopf in den Nacken legen muss, um mich anzusehen. „Ich wollte nur noch einmal in diese wunderschönen Augen blicken, bevor ich gehe.“
Sie reißt besagte Augen auf, und ihre Wangen laufen hochrot an.
Ich zwinkere ihr zu und beuge mich noch ein Stück weiter vor. „So flirtet man richtig. Bis später.“
Dann drehe ich mich um und verlasse das Café, wobei ich mich verdammt gut fühle.

 

Ava

Was zum Teufel tust du nur, Ava?
Diese Frage stelle ich mir immer wieder, seit Cannon mich vorgestern auf einen Drink eingeladen hat.
Der Cheftrainer der Pittsburgh Titans.
Ich starre in den Spiegel in der Damentoilette und betrachte mein Gesicht, das gerötet ist nach einem Dirty Martini zu viel. Ich stelle mir die Frage ein weiteres Mal, doch ich habe immer noch keine Antwort.
Es hat mich verwirrt, dass Cannon mit mir ausgehen wollte. In meinen Augen war unser Geplänkel während der vergangenen Wochen nichts weiter als die Unterhaltungen eines kontaktfreudigen, geselligen Mannes und einer Frau, die ihre Aufgabe als Repräsentantin ihrer Firma ernst nimmt.
Nun, das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Ehrlich gesagt, hat mich der Mann in seinen Bann gezogen, und das nicht nur, weil er berühmt, umwerfend und reich ist. Mit seinen albernen Flirtversuchen hat er mir wirklich geschmeichelt.
Doch abgesehen von der unverblümten Bemerkung, dass er Gefallen an meinen Augen gefunden hat, hatte ich nicht ein einziges Mal das Gefühl, dass er an mir interessiert ist. Unser Geschäker war nichts weiter als eine vergnügliche Ablenkung von unseren hektischen Morgen.
Aber jetzt bin ich hier, habe seine Einladung angenommen, und bin mehr als angeheitert, wenn nicht sogar leicht angetrunken. Darüber hinaus hatte ich lange nicht mehr so viel Spaß.
Wir wollten uns nur auf einen Drink treffen, denn wir müssen beide morgen schon früh zur Arbeit, also habe ich diese Bar vorgeschlagen. Als stellvertretende Managerin des Grind bin ich diejenige, die den Laden öffnet, und die Titans haben morgen ein Heimspiel, weshalb Cannon in aller Frühe im Stadion sein muss. Ich weiß, dass er in der Nähe des Cafés wohnt, während mein Apartment weiter entfernt und nicht gerade in der schönsten Gegend der Stadt liegt, also wollte ich ihm entgegenkommen.
Zudem wollte ich vermeiden, dass er meine schäbige Wohnung zu Gesicht bekommt.
Ich habe eine Kneipe direkt um die Ecke des Cafés vorgeschlagen. Für mich war das zwar mit einiger Anstrengung verbunden, da ich um fünfzehn Uhr Feierabend hatte und zuerst fünfundvierzig Minuten nach Hause fahren musste. Dann legte ich denselben Weg noch einmal zurück, um mich um neunzehn Uhr mit ihm zu treffen. Aber das machte mir nichts aus.
Eigentlich hatten wir uns nur einen Drink genehmigen wollen, doch aus einem wurden zwei, und weil wir uns so gut amüsierten, aßen wir noch ein paar Appetithäppchen.
Aus zwei Drinks wurden drei, denn wir lachten viel, und je mehr wir tranken, desto ungezwungener flirteten wir miteinander. Aber es waren vor allem unsere tiefgründigen Gespräche, die mich faszinierten.
Erst vor ein paar Minuten hat Cannon einen Blick auf seine Armbanduhr geworfen und eine Grimasse gezogen. „Es ist fast zweiundzwanzig Uhr. Für die meisten Leute ist es noch früh am Abend, aber nicht für uns Frühaufsteher.“
„Das gilt vielleicht für Sie“, erwiderte ich mit einem Lachen. „Ich habe mein Studium erst vor vier Jahren abgeschlossen, also bin ich noch in einem Alter, in dem ich mir die Nacht um die Ohren schlagen kann und am nächsten Tag trotzdem ausgeschlafen bin.“
Damit verpasste ihm einen Seitenhieb und erinnerte ihn daran, dass er – wie ich heute Abend erfahren habe – sechsunddreißig ist. Es hat mir Spaß gemacht, ihn wegen des Altersunterschieds zu necken, der im Grunde … gar nicht so groß ist. Neun Jahre sind nicht viel. Mein Ex-Freund war sogar ein paar Jahre älter als Cannon.
In seinen Augen blitzte ein herausfordernder Ausdruck auf. „Ich würde noch einen Drink nehmen, falls Sie auch noch einen wollen.“
Und jetzt stehe ich hier.
Mir schwirrt der Kopf, aber auf eine angenehme Art. Ich habe ein albernes Lächeln im Gesicht, weil ich mit einem umwerfenden Mann ausgehe und mir nicht erklären kann, wie es dazu gekommen ist.
Ich überprüfe mein Make-up und trage einen Lippenbalsam auf, statt meinen Lippenstift nachzuziehen. Er würde ohnehin nur auf dem Martiniglas landen.
„Noch einen Drink, und dann nimmst du ein Taxi nach Hause“, erkläre ich meinem Spiegelbild.
Die Ava, die mir grinsend entgegenblickt, sagt mir, dass ich keine Kontrolle darüber habe, wie der Abend enden wird. Mr. Martini hat bereits das Sagen.
Als ich die Damentoilette verlasse und zu unserem Tisch zurückkehre, sehe ich dort ein junges Paar stehen, das sich mit Cannon unterhält. Er unterschreibt auf einer Getränkeserviette und reicht sie dem Mann mit einem Lächeln.
Mein Gott, er hat ein umwerfendes Lächeln, das mir gefährlich werden könnte. Mit seinem Bartschatten, einem Grübchen nur auf der linken Seite und den vollen Lippen sieht er zum Dahinschmelzen aus. Dazu kommen noch sein dunkles Haar, seine haselnussbraunen Augen und seine markanten Gesichtszüge. Wenn er als Trainer keinen Erfolg hätte, könnte er sich ohne Weiteres als Supermodel verdingen. Bei dem Gedanken muss ich innerlich lächeln.
Das Pärchen verabschiedet sich gerade, als ich mich unserem Tisch nähere, und Cannon steht auf, um mir meinen Stuhl hervorzuziehen. Den ganzen Abend über war er ein perfekter Gentleman, hat mir Türen aufgehalten und Stühle herangezogen und ist jedes Mal aufgestanden, wenn ich den Tisch verließ oder zurückkehrte.
„Jemand hat Sie erkannt“, bemerke ich mit einem Grinsen, als ich mich setze und er ebenfalls Platz nimmt. Wir haben uns gerade vorhin darüber unterhalten, dass er als Spieler in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen wurde als jetzt als Trainer. Heutzutage wird er offenbar nicht mehr so oft angesprochen.
„Das kommt vor“, sagt er und wirft einen Blick auf meinen Martini.
Ich erhebe mein Glas, als er seinen Bourbon zur Hand nimmt, dann stoßen wir miteinander an. „Prost.“
„Prost“, erwidert er und lächelt mich an, bevor er einen Schluck trinkt.
Er lächelt auch noch, als wir unsere Gläser wieder absetzen, dann schüttelt er den Kopf.
„Was ist?“, frage ich.
„Ich verstehe das einfach nicht.“
„Was denn?“
„Warum Sie Single sind. Ich meine … Sie sind umwerfend und sexy. Allein deshalb liegen Ihnen die Männer sicher zu Füßen. Aber zudem haben Sie verdammt viel Humor und sind nett und äußerst intelligent. Sie sind die Art von Frau, für die die Männer durchs Feuer gehen würden. Was verheimlichen Sie mir?“
Das Kompliment lässt mich erröten, doch ich verspüre auch einen leichten Stich im Herzen, weil ich weiß, dass nicht alle Männer für mich durchs Feuer gehen würden.
„Sie verheimlichen mir tatsächlich etwas“, stellt Cannon fest, während er mich aufmerksam mustert und wahrscheinlich meine Emotionen in meinem Gesicht ablesen kann.
„Ich verheimliche gar nichts“, versichere ich ihm und zwirble den Zahnstocher mit den drei aufgespießten Oliven zwischen Daumen und Zeigefinger. „Nur eine frühere Beziehung, die Ihre Theorie widerlegen würde.“
Ich zucke zusammen, denn ich habe nicht derart bemitleidenswert klingen wollen, also überspiele ich meine Worte mit einem Lachen. „Das bedeutet, mein letzter Freund war ein Arschloch und wusste nicht, was gut für ihn ist.“
„Haben Sie sich erst kürzlich getrennt?“, will Cannon wissen.
„Nein. Vor über sechs Monaten.“
„Und Sie haben sich seitdem mit niemandem verabredet?“
„Es hat sich nie die Gelegenheit ergeben. Die meiste Zeit über arbeite oder schlafe ich. Dazwischen komme ich kaum zu etwas.“
Cannon lacht leise. „Das Problem kenne ich.“
„Nun, auf uns und darauf, dass wir es geschafft haben, aus unserem Alltag auszubrechen.“ Ich erhebe erneut mein Glas und er stößt mit mir an. „Das war wirklich ein schöner Abend, obwohl ich morgen sicher übermüdet und leicht verkatert sein werde.“
„Darauf trinke ich.“ Cannon stützt die Unterarme auf dem Tisch ab und beugt sich zu mir vor, wobei er mich mit einem Blick durchbohrt. „Also, warum ist Ihr Ex ein Arschloch?“
Mir steigt die Hitze in den Nacken. Das liegt jedoch nicht daran, dass ich seine Frage als aufdringlich empfinde. Ich habe viel zu viel getrunken, um ein Buch mit sieben Siegeln zu sein. Doch der Grund unserer Trennung ist mir peinlich.
Cannon muss mir mein Unbehagen angesehen haben, denn er ergreift meine Hand und drückt sie. „Sie müssen es mir nicht erzählen. Vergessen Sie einfach, dass ich gefragt habe.“
Aber der Alkohol hat meine Zunge gelockert und ich habe keinen Grund, ihn anzulügen. „Nun, zum einen hat er mir vorgeworfen, schlecht im Bett zu sein.“
Cannon reißt die Augen auf. „Das hat er gesagt?“
Ich stoße ein schnaubendes Lachen aus, weil ich nicht fassen kann, dass ich die Worte tatsächlich laut ausgesprochen habe. Damals habe ich Derek geglaubt, und es war wahrscheinlich das Demütigendste, was mir je widerfahren ist. „O mein Gott … ignorieren Sie mich einfach. Das ist definitiv der Alkohol, der aus mir spricht.“
„Was für ein Arschloch würde jemandem so etwas an den Kopf werfen?“, murmelt Cannon.
Ich ziehe die Nase kraus und zucke mit den Schultern. „Ein Kerl, der beim Fremdgehen erwischt wird?“
Cannons Augen blitzen wütend auf, was vielleicht ebenfalls dem Alkohol zuzuschreiben ist. „Er hat Sie betrogen und Ihnen dann die Schuld dafür gegeben?“
Ich mache eine abwinkende Geste und lüge an diesem Abend das erste und einzige Mal. „Ich habe es mir nicht zu Herzen genommen. Er wollte nur seinen Arsch retten. Viel schlimmer war es, als er dafür gesorgt hat, dass ich gefeuert wurde.“
„Wie bitte?“, ruft Cannon aus. Zu meiner Überraschung steht er auf, zückt seine Brieftasche und wirft zwei Hundert-Dollar-Scheine auf den Tisch. Mit der Summe deckt er sowohl die Getränke als auch die Vorspeisen und obendrein ein saftiges Trinkgeld ab. Dann streckt er mir die Hand mit der Handfläche nach oben entgegen. Ich ergreife sie und er zieht mich auf die Füße. „Lassen Sie uns einen Spaziergang machen.“
Die Nacht ist kühl, als wir die Kneipe verlassen. Mein Mantel ist aus dicker Wolle, doch mir ist aus einem anderen Grund warm ums Herz. Sobald wir uns in Bewegung gesetzt haben, ergreift Cannon meinen Arm, um ihn bei sich einzuhaken. Dafür bin ich dankbar, denn ich habe Schwierigkeiten, aufrecht geradeaus zu gehen.
Ich torkle zwar nicht betrunken durch die Gegend, aber ich bin ziemlich beschwipst, aber es ist schön, mich bei ihm anlehnen zu können.
„Also schön … erzählen Sie mir die ganze Geschichte“, ermutigt er mich.
Ich blicke zu ihm auf, und er wendet sich mir zu, um auf mich herabzublicken, denn er überragt mich um einige Zentimeter. „Diese Unterhaltung ist plötzlich sehr ernst geworden“, stelle ich fest.
Cannon zuckt mit den Schultern. „Ich bin ein vielseitiger Typ.“
Mit den Worten bringt er mich zum Lachen und nimmt mir zugleich die Befangenheit, wobei Letzteres auch den Martinis geschuldet ist. „In meiner Heimatstadt Raleigh in North Carolina war ich Personalleiterin bei einer großen Lebensversicherungsgesellschaft.“
„O Gott“, ruft Cannon mit einem dramatischen Stöhnen aus. „Bitte sagen Sie mir nicht, dass Sie ein Fan der Cold Fury sind.“
Mit meiner freien Hand drücke ich lachend seinen Arm. „Meine Familie liebt die Cold Fury zwar, aber um ehrlich zu sein, bin ich nicht unbedingt ein Eishockeyfan.“
Cannon schlägt die Hand aufs Herz. „Sie machen mich fertig.“
„Aber“, füge ich lachend hinzu, „von jetzt an werde ich die Spiele auf jeden Fall verfolgen.“