Tokyo: Tokyo Sins

Erschienen: 03/2007
Serie: Tokyo
Teil der Serie: 1

Genre: Contemporary Romance
Zusätzlich: Dominanz & Unterwerfung, Vanilla

Location: Japan, Tokio


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-316-3
ebook: 978-3-86495-317-0

Preis:
Print: 13,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

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Tokyo: Tokyo Sins


Inhaltsangabe

Mega-City Tokio - Konsum, Sex und ausschweifendes Nachtleben. In diese pulsierende Metropole verschlägt es Laura, die ihre dominante Zwillingsschwester Jessica in Japan besucht. In Tokio angekommen, stellt Laura entsetzt fest, dass Jessica nicht in einer Werbeagentur arbeitet, sondern Inhaberin des „Palastes der Wünsche“ ist - einem exklusiven Etablissement, das die sexuellen Wünsche der reichen und schönen Frauen Tokios stillt!
Entsetzt und gleichermaßen fasziniert beobachtet die schüchterne Laura, wie die Gäste zusammen mit den schönen Hosts des Clubs die zügellosesten Fantasien ausleben. Lauras Gefühle geraten endgültig in Verwirrung, als sie sich in Jessicas hinreißend schönen Mitarbeiter Takeo verliebt, der jedoch kein Interesse an einer festen Beziehung hat. Als Jessica bei einem Unfall verletzt wird, soll ausgerechnet Laura sie bei einem Millionärspaar vertreten, das Jessicas Liebesdienste für eine Nacht ersteigert hat. Damit der Schwindel nicht auffliegt, muss Laura sexuell aus der Reserve gelockt werden. Unter Takeos Anleitung beginnt für Laura eine Schule der Lust in den Armen der aufregenden Callboys des „Palastes der Wünsche" ...

Über die Autorin

Sarah Schwartz (Jahrgang 1978) wuchs in Frankfurt/M. auf, wo sie nach dem Abitur den Magisterstudiengang Germanistik mit den Nebenfächern Psychologie und Kunstgeschichte absolvierte. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums begann sie zu schreiben und arbeitete nebenher vom Kommissionieren bis zum Dozieren....

Weitere Teile der Tokyo Serie

Leseprobe

Szene 1

Laura fiel auf, dass Takeo Wasser trank. Sie ließ ihre Blicke durch die große Halle mit der Voliere und den Sitzgruppen schweifen. „Dieser Ort ist verrückt.“
Takeo sagte nichts. Laura fürchtete schon, sie habe ihn beleidigt. Schnell fuhr sie fort: „Ich meine das nicht im schlechten Sinn. Arbeitest du gerne hier?“
„Ja.“
„Ihr tut viel dafür, nicht? Ich meine ... Jessica hat all ihr Geld hier reingesteckt ... Habt ihr das Haus bauen lassen?“
„Nein. Gehörte einem Millionär, der Motorteile herstellen ließ. Jessica hat nur das Innere verändert. Eigentlich waren es zwei Shinden – zwei Wohnhäuser.“
Irgendwie war Laura...

...enttäuscht, dass Takeo überhaupt nichts zu ihrem Kleid gesagt hatte. Vielleicht war es Männern ja wirklich egal, was Frauen trugen, Hauptsache sie konnten es ihnen schnell vom Leib reißen. Jessica kam aus ihrem Büro, winkte Laura zu und kam herüber.
„Was ist denn?“
Jessica legte ihre Hand auf den Arm der Schwester. „Tu mir einen Gefallen, Kleines. Die Kundin von André möchte das Video mitnehmen, und ich habe ein Gespräch mit einer sehr wichtigen Frau.“ Jessica warf Takeo einen bedeutungsvollen Blick zu, doch Takeo wandte den Blick ab.
„Das Video?“
„Komm mit.“ Jessica führte die Schwester hinunter in den Keller. Gleich am Ende der Treppe gab es eine Tür, die Laura erst jetzt auffiel. Im Gegensatz zu den anderen Türen war sie unauffällig gestrichen und besaß auch keine Sopraporte.
„Hier unten ist der Überwachungsraum.“ Jessica stieß die Tür auf und drückte auf einen einfachen Lichtschalter. Vor ihnen befand sich ein karger Raum mit nicht weniger als zehn Bildschirmen. Vor den Monitoren stand ein schwarzer Drehsessel. Jessica griff nach zwei Fernbedienungen und schaltete sie ein. Sie wies auf einen der unteren mittigen Monitore, auf dem nun das Arztzimmer erschien. „Die Kundin von André will ihr Video als Andenken mit nach Hause nehmen. Das ist nicht unüblich, auch wenn es weit häufiger vorkommt, dass wir die Filme sofort nach der Aufnahme löschen. Wir sehen uns auch nicht alles an. Es ist eher als zusätzlicher Schutz bei kritischen Kunden gedacht. Gerade Sakura hat viel erlebt, und wir müssen ihre männlichen Kunden schon zu ihrer Sicherheit filmen.“ Jessica zog eine Grimasse. „Ich will nicht sagen, dass Sakura gemeingefährlich ist, aber es ist besser, sie im Auge zu behalten. Bei SM-Spielen muss man immer aufpassen, denke ich. Krankenwagen vor der Tür sind Gift für die Publicity.“
„Und was willst du jetzt von mir?“ Laura kratzte sich am Kopf. Die Perücke juckte auf Dauer.
„Drück auf diesen Knopf, wenn die Kundin von André den Raum betritt. Das ist alles. Ich würde es selbst machen, aber ich muss wieder nach oben. Es wäre eine große Hilfe.“
Laura nickte zögernd. Sie hatte noch jede Menge Fragen über Sakura und Takeo, aber sie sah der Schwester an, wie eilig sie es hatte wegzukommen.
Sobald Jessica fort war, spielte Laura ein wenig an den Fernbedienungen herum. Man konnte direkt an den Monitoren die Lautstärke lauter und leiser drehen. Mit einer einzigen Fernbedienung ließen sich die verschiedenen Bereiche des Hauses aufrufen. Laura fand eine Kamera, die über der Tür zu Jessicas Büro sein musste und beobachtete Takeo am Empfang.
Sie seufzte. „Wie albern ist das denn“, grummelte sie, aber sie schaffte es nicht, das Gerät wieder abzuschalten. Takeo saß auf einem hohen Barhocker. Außer ihm war niemand zu sehen. Er hielt ein Buch mit rotem Einband in den Händen und las.
Laura war fast froh, als sich auf dem Monitor, den Jessica ihr gezeigt hatte, etwas regte. Sie schaltete das Bild mit Takeo weg und betrachtete, was da vor sich ging. André betrat das Ärztezimmer. Er trug einen weißen Kittel aus grobem Stoff, der seine tiefe Bräune unterstrich. Laura musste sich eingestehen, dass er gut aussah. Das dunkelblonde Haar und die azurblauen, funkelnden Augen machten ihn schön wie einen Engel. Leider hatte er nicht das Gemüt eines Engels. Jeder Schritt, jede energische Handbewegung sprach die Sprache eines Siegers. André war derjenige, den man anzuhimmeln hatte, vor dessen langen Beinen man niederknien sollte, nur um ihm ein Lächeln abzuringen, falls er das unscheinbare Wesen zu seinen Füßen überhaupt bemerkte. Laura war froh, nicht auf Männer wie André zu stehen, die einem das Leben zur Hölle machen konnten. Andererseits – war Takeo so viel besser? Er schien sich überhaupt nicht für sie zu interessieren. Wie eine uneinnehmbare Festung wies er sie ab. Sie seufzte und ließ sich zurück auf den bequemen Drehstuhl fallen. Das Polster gab unter ihr nach und gab ihr das Gefühl, in den Sessel versinken zu können.
Mit widerwilliger Faszination beobachtete sie André. Er sah sich prüfend im Raum um und nahm dann hinter dem Schreibtisch Platz, vor dem ein weiterer Stuhl stand. Alles im Raum war weiß oder aus Metall. Außer dem großen Schreibtisch gab es zwei Regale für Ordner, einen Schrank, den man abschließen konnte und zwei palmenähnliche Drachenbäume mit dünnen dunkelgrünen Blättern. Die Schrankreihe auf der der Kamera abgewandten Seite konnte sie nur halb einsehen. Mit Schaudern sah sie zu dem Untersuchungsstuhl hinüber und stellte sich vor, auf diesem Stuhl liegen zu müssen, und heftige Abscheu durchströmte sie. Gleichzeitig konnte sie den Blick nicht abwenden von dem großen schwarzen Ungetüm, das mit seinen Beinauflagen in den Raum ragte.
Ein Summen ertönte, und eine junge Asiatin in einem dunkelblauen Hosenanzug trat ein. Eilig drückte Laura den Knopf und blieb sitzen. Eigentlich war ihr Auftrag jetzt erledigt, sie könnte nun wieder hinauf zu Takeo gehen. Sie fragte sich, warum sie nicht wegsah, aber sie konnte nicht. Noch nie in ihrem Leben hatte man ihr so unverblümt die Gelegenheit geboten, sich als Voyeurin zu verlustieren.
Bestürzt merkte sie, dass die Möglichkeit, hier heimlich zu sitzen und sich das Liebesspiel zweier wildfremder Menschen anzusehen, eine große Faszination auf sie ausübte.
Die junge Frau im Ärztezimmer war hübsch, zierlich und schlank. Ihre langen schwarzen Haare waren zu einem Zopf zusammengefasst, der bis zu ihren Hüften reichte. Sie hielt den Blick verlegen gesenkt als sie eintrat und sich vor André auf den Stuhl setzte. Mit der rechten Hand umklammerte sie eine kleine silberne Handtasche. Laura konnte jetzt nur ihren Rücken sehen. André lächelte. Laura bemerkte kaum, dass sie den Ton des Monitors lauter stellte.
André stand auf und ging langsam um die sitzende Frau herum, als sei er ein Richter, der ihren Körper beurteilen musste. „Kontrolluntersuchung?“, fragte er knapp, während er sich wieder in seinen Ledersessel sinken ließ.
Die fremde Japanerin senkte den Kopf. „Ja, Sensei. Zur Kontrolle.“
„Stehen Sie auf.“
Die Japanerin gehorchte.
André ließ sie nicht aus den Augen. Sein Gesicht war eine freundliche Maske. Seine Stimme war höflich, aber bestimmt. „Wenn Sie sich bitte frei machen würden.“
Die Frau sah sich Hilfe suchend um, und einen Moment lang konnte Laura ihre glitzernden Augen sehen und ihre Zunge, die über trockene Lippen fuhr. Die Japanerin zögerte kurz, sie schien etwas sagen zu wollen, doch Andrés fester Blick hielt sie davon ab. Sie drehte sich ein Stück zur Seite, als wolle sie eigens für Laura die Sicht freigeben, und blickte André unverwandt an, während sie die Knöpfe ihres Blazers öffnete. André sagte kein Wort. Er sah ihr nur zu, wie sie zögernd und errötend ihre Kleidung abstreifte und zu Boden fallen ließ, bis sie in dunkelblauer Unterwäsche vor ihm stand. Ihre Brust hob und senkte sich, und noch immer sah sie André in die Augen.
„Sehr schön“, kommentierte André mit nichtssagender Höflichkeit. Er spielte ganz den professionellen Arzt. „Und nun bitte den BH und das Höschen.“
Die Frau senkte den Blick und griff nach den Trägern ihres BHs, streifte erst den rechten, dann den linken Träger ab. Ihre Haut war leicht gebräunt und hatte vereinzelt Sommersprossen. Der BH fiel auf ihre Bluse. Sie griff mit ihren rot lackierten Nägeln nach dem dunkelblauen Spitzenstoff ihres Höschens und zog die Hose langsam herab.
André regte sich nicht. Erst dann, als sie zitternd und nackt bis auf die Schuhe vor ihm stand, erhob er sich.
„Nehmen Sie bitte hier drüben Platz.“ André wies auf einen Metallhocker, der neben dem großen Untersuchungsstuhl stand.
Die Japanerin ging auf ihren hochhackigen Sandaletten zu dem Hocker hinüber und setzte sich. Als er bei ihr war, begann er ihren Körper abzutasten. Besonders den zarten Brüsten widmete er seine Aufmerksamkeit. Fachkundig glitten seine Hände über die nackte Haut. Die Schwarzhaarige stöhnte leise auf und spreizte ihre Schenkel ein Stück. Laura konnte ihre Schamhaare nicht sehen, da André ihr im Bild stand. Er ging leicht in die Knie und untersuchte die Schenkel der Fremden.
Laura spürte Scham und Erregung in sich aufsteigen. Sie sollte nicht hier sein. Es gehörte sich nicht, an den Monitoren zu sitzen und einer wildfremden Asiatin bei der Auslebung ihrer Wünsche zuzusehen. Aber hatte Jessica sie nicht gebeten, die Aufnahme zu machen? Wer wusste schon, wann das Band zu Ende war und vielleicht gewechselt werden musste? Laura wusste selbst, wie billig diese Ausrede war. Vielleicht steckte doch mehr von Jessica in ihr, als ihr lieb war. Fasziniert rollte sie auf dem Stuhl noch ein Stück näher an den Bildschirm heran.
Die Asiatin hatte die Augen geschlossen und hörte auf Andrés tiefe, warme Stimme. „Feste Schenkel. Gesunde Brüste. Sie können aufstehen und auf dem Untersuchungsstuhl Platz nehmen.“
Laura schluckte trocken. Sie beobachtete, wie die Fremde aufstand und sich auf das schwarze Ungetüm setzte. Ihr schien es überhaupt nichts auszumachen.
„Legen Sie sich zurück, Okabe-san.“
Während sich die Frau zurücklegte, ging André zu einem Schrank und hielt, als er zurückkehrte, ein Fläschchen und einen bunten Dildo in seiner Hand, dessen Farben aus dem Lustgerät unverkennbar ein Spielzeug machten.
Dennoch hielt Laura kurz die Luft an. Auch die Japanerin starrte André mit großen Augen an, doch in ihren Augen lag weder Furcht noch Abscheu. Sie waren dunkel vor Lust.
André rieb den schön geformten Dildo mit einer glänzenden Flüssigkeit aus der kleinen Flasche ein.
„Wenn Sie bitte locker bleiben würden, Okabe-san. Ich muss die Dehnbarkeit der Vagina überprüfen.“ Mit der Linken zog er ihre Schamlippen auseinander, dann stieß er zu. Die Frau bäumte sich lustvoll auf.
Laura hätte schwören können, Freude in Andrés Gesicht gesehen zu haben.

Szene 2

Laura wusste nicht, wodurch sie wach wurde. Es war knapp ein Uhr. Im Nachthemd tappte sie zum Fenster hinüber. Unter ihr lagen der Parkplatz und die Wiese in silbrigem Licht.
Sie war hellwach, fühlte sich ausgeruht und unternehmungslustig, streifte das Nachthemd ab und schlüpfte in einen von Jessicas Hauskimonos, den die Schwester ihr zur Verfügung gestellt hatte, wollte noch nach der wattierten Überjacke greifen, ließ sie dann aber doch liegen. Es war noch immer angenehm warm, und sie fror nicht. Ihr Blick fiel auf das rubinrote Kleid, das ordentlich auf einem Bügel aufgehängt am Schrank hing. Laura hatte es nicht über sich gebracht, es wegzuräumen. Neue Dinge mussten betrachtet und bewundert werden. Sie trat an das Kleid heran. Der dunkelrote Stoff schimmerte im Mondlicht. Eigentlich war es nicht kalt, und es war so spät, dass sie vermutlich niemandem mehr begegnen würde ... und selbst wenn ... in diesem Haus gab es nur exaltierte, durchgeknallte Bewohnerinnen, die sich nicht daran stören würden. Laura zog den Hauskimono wieder aus. Sie probierte das neue Kleid an und dachte an die Unterwäsche, die Jessica ihr ausgesucht hatte und schüttelte leicht den Kopf. Sie war eine Träumerin. Takeo würde nicht im Garten sein. Aber du hoffst es. Laura entschied sich gegen jegliche Unterwäsche. Sie mochte das Gefühl des kühlen, glatten Satinstoffes auf ihrer Haut.
Vorsichtig schlich sie aus ihrem Zimmer, die Treppe hinunter zur nicht abgeschlossenen Eingangstür. Sie trat hinaus und blieb einen Moment staunend stehen. Die Sterne blühten am Himmel, als wollten sie sie begrüßen. Laura lächelte. Barfuß ging sie um das Haus herum und wählte einen der verschlungenen Pfade durch den Garten.
Am Teehaus sah sie Licht. In der steinernen Laterne vor dem kleinen Pavillon züngelten Flammen. Sie näherte sich vorsichtig. Eigentlich wusste sie nicht recht, ob sie Lust hatte, andere Menschen zu treffen. Dieser Ort verwirrte sie, und nachdem sie den ganzen Tag in Begleitung der Schwester verbracht hatte, wäre es schön, alleine zu sein.
Sie hielt inne, als sie die Frau in dem hellroten Kimono erkannte, die rauchend vor dem Teehaus stand. Obwohl Sakura sich nicht zu ihr umdrehte, schien sie Laura bemerkt zu haben.
„So spät noch unterwegs?“, fragte die kleinere Frau scheinheilig.
Laura spürte ein Brennen auf ihrem Gesäß. „Was geht es dich an?“
Sakura drehte sich zu ihr um. Dunkle Schatten fielen auf ihr ebenmäßiges Gesicht mit den vollen Lippen. „Takeo ist nichts für dich. Schlag ihn dir aus dem Kopf.“ Sie zog an ihrer Zigarette und musterte Laura dabei feindlich. „Das wäre besser für dich, glaub mir.“
„Was denkst du, wer du bist, dass du mir Vorschriften machst?“ Laura starrte Sakura trotzig an, zugleich schlug ihr Herz heftig. Sakura verunsicherte und kränkte sie, aber das wollte sie sich nicht anmerken lassen.
Sakura blies ihr den Rauch ins Gesicht, doch Laura blieb stehen, als habe sie es gar nicht bemerkt.
„Hör zu.“ Sakuras Stimme war nun so freundlich, als spräche sie zu einem uneinsichtigen Kind, „um Takeo glücklich zu machen, müsstest du ein anderer Mensch sein. Du bist so uninteressant wie eine Betonmauer, und vom Sex verstehst du nicht mehr als ein Fisch vom Fliegen. Tu dir selbst einen Gefallen und hör auf, ihn so anzuschmachten. Es ist hoffnungslos.“
Laura wollte nicht darauf antworten. Sakuras Worte brannten sich in ihr Gedächtnis und entfachten glühende Zweifel in ihrem Inneren.
„Ich bin unhöflich“, erklärte Laura so spöttisch wie möglich. Es war die übliche japanische Formel, um sich zu entschuldigen, bevor man etwas Verwerfliches tat – wobei Verwerfliches auch bedeutete, dass man sich entfernte. Laura wandte Sakura den Rücken zu und ging in die Richtung des Palastes der Wünsche davon. Sie hörte Sakuras Atem noch einen Moment, dann hatte sie das Teehaus hinter sich gelassen und hörte nur noch das leise Plätschern von Wasser und den Wind in den nachtschwarzen Ahorn- und Kirschbäumen.
Einen großen Bogen machte sie um den Vordereingang des Hauses – wer wusste schon, wer von den anderen jetzt noch Kundschaft hatte – und näherte sich dem großen, flachen Schwimmbecken, das dunkel unter den Sternen lag. Über dem Wasser lag leichter Dampf. Laura war froh, dass Sakura ihr nicht folgte und versuchte, sie und ihre beleidigenden Worte zu vergessen.
Sie schrak leicht zusammen, als sie eine schwarze Gestalt bemerkte, die zusammengekauert an der Längsseite des Beckens verharrte. Sie wollte sich zurückziehen, als sie Takeo erkannte. Er kniete in Seizaposition auf seinen Fersen sitzend vor dem Wasser und blickte auf die stille Oberfläche. Aber wenn sie jetzt ging, machte sie das zunichte, was sie wollte. Sie hatte ihn doch gesucht. Nur deshalb hatte sie das Haus verlassen, oder? Sei mutig. Laura ging langsam auf ihn zu. Sie erinnerte sich an die Worte von Yukiko.
Sag nichts, hatte Yukiko gesagt, keinen einzigen Ton. Vielleicht hatte Kazuya recht, und Yukiko war eine Zauberin.
Nach einer Ewigkeit wandte Takeo den Kopf und sah sie an. Stumm blickte sie zurück. Mit einem Mal fühlte Laura sich leicht und unwirklich, als sei sie nicht mehr an die Erde gebunden. Diese Nacht gehörte der Luft, den Gedanken und Träumen. Bis auf einen Schritt Abstand ging sie an ihn heran und verharrte. Ihre Blicke trafen sich, und wie auf dem Flughafen fühlte Laura sich nackt und ungeschützt, aber das Gefühl war nicht demütigend. Es war aufregend fremd wie seine dunklen Augen. Ob er sie wegen der Sache in Sakuras Keller verachtete? Doch in seinen Augen konnte sie keine Verachtung sehen, nur Verlangen. Es war, als würde sein Gesicht ihre Gefühle spiegeln. Laura wollte zu ihm gehen, ihn in die Arme schließen. Ihn küssen. Aber sie wagte es nicht. Wie eine Statue stand sie in ihrem roten Kleid im Mondlicht und konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Wenn sie malen könnte, hätte sie ihn so gemalt: In dieser ernsten, geraden Haltung, leicht angespannt wie ein wachsamer Kämpfer mit hoch erhobenem Kopf und schwarzen Haaren, die sein Gesicht umrahmten. Sternenlicht fiel auf seine gebräunte Haut und den glänzenden schwarzen Stoff seines Anzugs. Hinter ihm erhob sich die Silhouette des Clubhauses. Gedämpftes Licht drang aus den Fenstern, doch es war niemand zu hören oder zu sehen.
Plötzlich stand er auf. Laura zuckte zusammen, ohne den Blick von ihm abzuwenden. Einen verrückten Moment dachte sie, er würde sie angreifen, doch sein Arm schlang sich um sie, zog sie zu sich heran. Sie spürte seinen Körper, roch den herben Duft. Der Schreck wandelte sich in fassungsloses Glück. Er war ihr gar nicht abgeneigt. Sie war ihm nicht gleichgültig, auch wenn er kaum mit ihr gesprochen hatte. Sie neigte den Kopf zur Seite, und wie unter einem Zwang folgte er der Bewegung spiegelverkehrt, ihre Lippen berührten sich, lagen leicht und warm aufeinander.
Er küsst mich, triumphierte Laura. Es war, als habe sie nach einer langen Suche endlich gefunden, wonach sie begehrte. Eine lange Reise war erfolgreich vorüber, und das Glück löschte jeden anderen Gedanken aus.
Takeo hielt ihren schmalen Kopf mit beiden Händen, während er sie wieder und wieder küsste. Laura fühlte sich warm und leicht, getragen von seinen Armen, die sie umschlangen. Jeder Kuss war ein Versprechen, ein aufregend verpacktes Geschenk, das nach mehr schmeckte, und als seine Hände den langen Reißverschluss ihres Kleides öffneten, stand sie ganz still, erwartungsvoll zitternd. Sie ließ zu, dass er sie auszog. Anschließend entkleidete auch er sich mit wenigen geschickten Griffen. Sein nackter Körper machte Laura sprachlos. Bis auf die Narbe auf der linken Schulter, eine lange weiße Linie, die ein Messer verursacht hatte, war er makellos. Und selbst die Narbe wirkte, als müsste sie dort sein. Seine Hände legten sich auf ihre Schultern, und er betrachtete sie im Mondlicht. Laura sah in seinen Augen Verlangen und Sehnsucht.
Ihre Hände berührten seinen nackten Körper. Sie musste ihn erkunden, wollte jede Erhebung und Senkung der Muskeln spüren, die glatte Haut seines Oberkörpers, die Rundungen der Arme, die weichen Wangen. Zögernd bestaunte sie mit Hilfe ihrer Finger seinen Körper. Sie drängte sich näher an ihn, um auch seinen Rücken zu berühren. Takeo schloss die Augen und ließ sie gewähren. Wie ein neugieriges Kind ein neues Wunder fühlen muss, so fasste sie ihn an. Er war ein Wunder. Zu perfekt, um hier bei ihr zu stehen. Sie musste träumen. Vermutlich lag sie noch immer schlafend in ihrem Bett und fühlte sich ihm nahe. Sie schloss mit der Hand auf seiner Brust die Augen und fühlte seinen Herzschlag.
Takeo beugte sich zu ihr herab und küsste sie erneut. Behutsam, als fürchtete er, sie aufzuwecken. Laura erwiderte den Kuss. Er hielt ihren Kopf, sie umschlang seinen Hals. Immer leidenschaftlicher wurden die Berührungen ihrer Zungen, dann hob er sie auf seine Arme und trug sie über den bunten Mosaikboden zur Treppe, ohne von ihrem Mund abzulassen. Immer wieder fanden sich ihre Lippen. Er stieg mit ihr die Treppe hinab. Laura unterdrückte einen Aufschrei, als sie Wasser um sich fühlte. Es war angenehm warm, fast wie die heißen Quellen in den Bergen. Sie schlang ihre Beine um Takeos Hüften. Er roch herb, und seine Lippen schmeckten jetzt leicht salzig.
Wieder und wieder küsste sie ihn und konnte nicht fassen, was gerade geschah. Ihr Körper handelte ohne ihr Zutun, ihre Finger liebkosten ihn, sie wollte ihn spüren – überall. Sein Glied presste sich an ihr Becken, und Laura umschloss es lustvoll mit einer Hand. Sie genoss den Blick aus seinen halbgeschlossenen Augen, bewunderte die langen Wimpern und das ausdrucksstarke Gesicht mit der schönen, rassigen Form.
Ich muss träumen, dachte sie noch, während sie die Augen schloss, dabei Takeos Glied festhaltend und reibend. Aber wenn ich träume, dann ist es ein verdammt guter Traum.

Szene 3

Erste Sterne blinkten am Himmel. Als Laura zwischen das Teehaus und den „Palast der Wünsche“ kam, sah sie Takeo in der Gewandung eines Samurai. Laura blieb still stehen, unentdeckt zwischen zwei Ahornbäumen. Sie blickte Takeo an und fühlte sich in eine andere Zeit versetzt, eine Zeit, in der Ehre alles war, und der Tod für die Shogune ohne Zögern in Kauf genommen wurde.
Sakura trat – in der Interpretation einer japanischen Kleopatra – an Takeo heran und legte ihm vertraulich die Hand auf den Arm. Laura fühlte heiße Eifersucht. Warum durfte Sakura ihn auf eine Weise berühren, wie es ihr verwehrt war? Wütend drückte sie sich noch näher an den Stamm des Ahornbaumes. Sakura störte den Zauber, der um Takeo lag. Ihr Kopf mit den zahlreich geflochtenen Zöpfen neigte sich zu seinem Ohr, während ihre Hand sich auf die Endkappe von Takeos Katana legte. Warum durfte Sakura das Schwert berühren? Laura erschrak, als sie sich selbst leise und bitter auflachen hörte. Sie stand unter den Bäumen wie eine Diebin. So würde sie Takeo nie für sich gewinnen.
Takeo sagte etwas zu Sakura und ging mit energischen Schritten in Richtung Haus davon.
Sakura blickte sich um und trat dann direkt auf Laura zu. Laura versteifte sich. Sakura blieb zwei Schritte vor ihr stehen. „Man könnte meinen, du seiest ein menschenscheues Tier“, spottete sie mit einem hämischen Grinsen. Ihre schönen Augen glitzerten wie Aquamarin. In ihre Haare waren unzählige goldene Bänder geflochten, die im Licht der kleinen Lämpchen funkelten.
Laura trat aus dem Schatten. „Ich mag die Nacht.“
Sakura zuckte mit den Schultern. „Solange du bei deinen Spaziergängen nicht wieder stöhnst wie ein wild gewordenes Eichhörnchen.“ Sie warf den Kopf zurück und imitierte Lauras Stöhnen. „Ah, ah, em ...“
Laura spürte die Wärme in ihrem Gesicht. Sakura musste sie in der Nacht gehört haben, als sie mit Takeo im Pool war. Wut und Eifersucht stiegen in ihr auf.
„Immerhin hat er mit mir geschlafen. Du kannst nur davon träumen, von Takeo genommen zu werden – aber es wird niemals passieren.“
Sakuras Gesichtszüge entglitten für einen Moment, Laura sah es an den Augen hinter der goldenen Maske und an den vollen rot bemalten Lippen, die erzitterten. Dann aber lächelte Sakura wieder und deutete eine leichte Verneigung an. „Ich wünsche dir noch eine angenehme Nacht, mein kleines Eichhörnchen.“ Sie drehte sich um und ging bewusst langsam davon. Laura hatte das Gefühl, sie tiefer getroffen zu haben als beabsichtigt, und einen Moment überlegte sie sogar, sich zu entschuldigen. Aber dann fielen ihr die Schmerzen auf ihrem Gesäß wieder ein, die sie drei Tage lang begleitet hatten, nachdem Sakuras Kundin Miu sie geschlagen hatte.
„Gleichfalls“, murmelte sie und lief in die Richtung des hell erleuchteten Hauses.
Laura näherte sich dem Haus von hinten. Immer wieder sah sie Paare, die Hand in Hand durch den Garten gingen oder ineinander verschlungen im Schatten der Bäume standen. Die Luft war erfüllt von einem süßen Geruch und vom Lachen und Stimmengemurmel der Gäste.
Auf der Terrasse herrschte reger Betrieb. Amazonen, Prinzen und Mangahelden standen in kleinen Grüppchen zusammen, sich mit Champagner zuprostend. Es mussten knapp sechzig Menschen sein, die sich auf dem Grundstück befanden.
Yukiko trat auf Laura zu. Sie trug ein weißes fließendes Gewand, sah aus wie die Schneekönigin aus Andersens Märchen und stellte eine japanische Halbgöttin dar. Wäre der Trubel nicht gewesen, hätte man sie wirklich für eine entrückte Göttin in wehenden weißen Schleiern halten können.
„Du denkst an unsere Abmachung?“ Yukiko senkte kokett den Blick und hielt Laura ein langstieliges Glas entgegen. Laura nickte und nahm das Glas mit feuchten Fingern.
„Wir werden unter den Kirschbäumen im Südgarten sein.“
„Ich werde es mir ansehen.“
Yukiko nickte und ging zu Hiroki hinüber, der wie üblich einen schlichten schwarzen Anzug anhatte und nur eine schwarze Maske trug, die sein Gesicht verfremdete. Ob er einen der Typen aus „Kill Bill“ darstellte?
Laura nahm einen großen Schluck Champagner. Die Nacht und das Fest verwirrten sie mehr, als sie sich selbst eingestehen wollte. Immer wieder sah sie Pärchen, die auf Matten unter den Kirschblüten lagen und recht eindeutige Dinge taten. Im Gegensatz zu ihrem Erlebnis im Überwachungsraum war es Laura hier peinlich, gesehen zu werden. Sie war froh über den Fächer, den Jessi ihr gegeben hatte. Wenn ein Mann – einmal war es auch eine Frau – zu ihr trat und sie aufforderte zu folgen, wedelte sie schnell mit dem Fächer, was soviel wie „Nein“ bedeutete. Laura war dankbar, eine Maske zu tragen. Die Kostümierung erlaubte es ihr, sich weiter zu wagen als jemals zuvor. Ohne die Maske wäre sie längst geflohen, hätte sich auf ihrem Zimmer eingeschlossen und sich selbst befriedigt. Die Bilder und Geräusche um sie her, das leise und lautere Stöhnen und die kaum bekleideten Körper machten sie an. In diesem Garten würde vermutlich auch eine Nonne auf den Geschmack kommen, dachte Laura zynisch. Sie würde ihre Zeit nicht mit einem schlechten Gewissen vergeuden. Es ist nur Sex. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Sie wedelte ein weiteres Mal mit dem Fächer, als ein junger Mann auf sie zutrat, und dann machte sie sich auf den Weg zum orientalischen Empfangssaal.
Laura blieb an einer der Mosaiksäulen stehen und starrte gebannt in die Mitte des Raumes. Die Voliere war verschwunden. Vermutlich wollte man den Vögeln diese Geräuschkulisse nicht zumuten. Statt dessen hing ein schwerer Leuchter mit gut vier Dutzend brennenden Kerzen von dem eisernen Halter herab. Auch die Tische und Stühle waren nicht mehr da. An ihrer Stelle lagen Tatamimatten auf dem Boden, die das gesamte abgesenkte Rund ausfüllten. Auf den Matten befanden sich mindestens zehn Menschen, die sich gegenseitig berührten.
Laura erkannte Hiroki, der gerade auf das Rund zutrat. Er streifte sich im Gehen das Oberteil ab und ging selbstbewusst auf eine dunkelhäutige Frau mit langen schwarzen Locken zu, die alleine am Rand der Matten saß. Vertraulich beugte er sich zu ihr und flüsterte in ihr Ohr. Sie stand auf und zog ihm die Hose aus. Neugierig versuchte Laura einen Blick auf Hiroki zu erhaschen. Er stand mit dem Rücken zu ihr, eng umschlungen von der schwarzhaarigen Schönheit mit den langen Locken. Beide waren nun nackt und trugen nur ihre Masken. Ob er wirklich so gut gebaut war? Aufmerksam beobachtete sie, wie die dunkelhäutige Frau sich ein Stück von ihm löste. Hiroki drehte sich halb um und fuhr mit den Fingern und einem Lächeln über ihr Schlüsselbein.
Laura öffnete leicht den Mund. Was die rassige, spanisch aussehende Frau da mit beiden Händen hielt war unheimlich! Laura presste sich noch enger an die Säule. Welche Frau nahm das in sich auf? Durchaus beeindruckend – außergewöhnlich gut.
Hiroki stand stramm, sein mächtiges Glied schmiegte sich in die Hände der Spanierin. Die Maskierte beugte sich hinab und leckte neckend über seine Eichel. Hiroki sagte etwas, und die Frau lachte. Ob Hiroki sich hier für sein späteres Zusammentreffen mit Yukiko aufwärmte? Laura konnte sich die beiden gut zusammen vorstellen. Yukiko, die Liebeskünstlerin, und Hiroki, das Sexwunder. Sie grinste. Hiroki wandte sich zurück und drehte Laura somit wieder den Rücken zu. Die dunkelhäutige Frau zog ihn hinunter auf die Matten. Er kam auf ihr zu liegen und stützte sich mit den Armen ab. Es dauerte nicht lange, und Hiroki war halb in ihr. Laura sah fasziniert zu. Sein Schwanz sank tief in die Scheide der Frau, die stöhnend lustvoll den Kopf schüttelte. Verrückt. Aber es ging tatsächlich.
Laura sah zu den anderen Paaren.
Eine Frau kniete auf allen vieren und bedeutete einem Mann, sie zu nehmen. Ein anderer Mann kniete vor ihr, küsste sie und streichelte ihre Brüste. Laura trat fasziniert näher zur nächsten Säule und blieb dort halb verborgen stehen. Fast alle trugen altertümliche Gewandungen – wenn sie sie noch trugen, und die Kleider nicht achtlos neben ihnen lagen.

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