Sexy Secrets: Sexy Secrets of a Ghost: Haunt me!
von Emma Snow

Erschienen: 12/2023
Serie: Sexy Secrets
Teil der Serie: 2

Genre: Contemporary Romance, New Adult

Location: Deutschland, Frankfurt, Odenwald


Erhältlich als:
paperback & ebook

ISBN:
Print: 978-3-86495-602-7
ebook: 978-3-86495-603-4

Preis:
Print: 16,90 €[D]
ebook: 6,99 €[D]

Erhältlich bei u.a.:

und allen gängigen Onlinehändlern und im Buchhandel

Sexy Secrets: Sexy Secrets of a Ghost: Haunt me!


Inhaltsangabe

Leni meint, ihren Traummann in Kai gefunden zu haben: Sexy, absolut schwiegermuttertauglich und … leider Geisterjäger. Als Leni Kai aus diesem Grund schon fast wieder abgeschrieben hat, lädt dieser sie zur aufregenden Gespensterjagd in einer schaurigen Burgruine ein. Doch auf einmal spukt nicht irgendein Geist in Lenis Kopf herum, sondern Nicklas, der attraktive Juniorchef des nahegelegenen Hofguts. Nicklas bereitet ihr fortan ebenso schlaflose Nächte wie die rätselhaften Geschehnisse, die sich in der Ruine und auf dem Hofgut abspielen.

Auf ihrer langen Suche nach einem Happy End wird Leni neben ihrem Gefühlschaos auch mit der traurigen Vergangenheit der beiden Männer konfrontiert, die den einen dazu brachte, an Geister zu glauben, und den anderen dazu verdammte, jegliche Art von Gefühlen von sich fernhalten zu wollen.

Während einer nächtlichen Geisterjagd wird Leni in einen mysteriösen Unfall verwickelt. Als Nicklas sich um ihre Verletzungen kümmert, können sie der gegenseitigen Anziehungskraft nicht mehr widerstehen und geben sich ihrer Leidenschaft hin.

Wird Leni ihre wahren Gefühle preisgeben, oder hindert sie vorher der Geist von Nicklas' Vergangenheit daran?

Über die Autorin

Geboren wurde die junge Autorin in Berlin, doch mittlerweile schlägt ihr Herz "in" Frankfurt am Main, wo sie tagsüber einen Bürojob wahrnimmt. Nach der Arbeit zieht sie sich in den ruhigen Odenwald zurück. Dort schreibt sie jede freie Minute in...

Weitere Teile der Sexy Secrets Serie

Leseprobe

Elena

Mit einer tiefen Zornesfalte zwischen den Augenbrauen, die sich bestimmt nicht mehr so schnell mit dem Zeigefinger wegreiben lässt, komme ich endlich an. Das letzte Stück war nicht mehr ganz so kurvig, dafür kam mir die Straße wie ein kleiner Forstweg vor. Ich hatte Glück, dass mir niemand entgegenkam, denn die Straße war meines Erachtens nicht breit genug für zwei Autos. Vor mir liegt nun ein lang gezogener Parkplatz, den man nicht wirklich als solchen bezeichnen kann. Es ist eine Stelle im Wald, die von Bäumen befreit und etwas mit Kies aufgeschüttet wurde. Die Stellfläche ist nur daran zu erkennen,...

...dass bereits einige Autos dort parken. Unsicher steige ich aus und blicke über den Mustang hinweg zu einem riesigen Fachwerkhaus. Obwohl es die üblichen roten Dachziegel und schwarzen Holzbalken aufweist, die zur weißen Fassade den typischen Kontrast bilden, sieht es mit den vielen dunklen Holzläden vor den Fenstern einfach heimelig aus. Alte Weinreben ranken sich die Fassade hinauf und lassen das Hofgut urig erscheinen.
Vorsichtig lehne ich mich mit dem Hintern gegen den Kofferraum des Mustangs und sehe mich weiter um. Ich versuche, meine Situation einzuschätzen und herauszufinden, was mich hier erwarten könnte. Nirgendwo ist eine Burg oder ein heruntergekommenes Gemäuer zu sehen. Ganz im Gegenteil. Das Hofgut macht einen einladenden und idyllischen Eindruck. In den Bäumen hängen viele Lampions und der Wegesrand wird von Fackeln gesäumt, während die Blumen in kräftigen Pinktönen die Fensterbänke zieren. Es ist ein Ort zum rundum Wohlfühlen. Mich quälen jedoch zu viele Gedanken, um auch nur annähernd die Ruhe genießen zu können.
Ich atme tief durch, stoße mich mittlerweile bestimmt zum zehnten Mal vom Heck des Mustangs ab, nur um doch wieder schnaufend einen Rückzieher zu machen. Soll ich einfach reingehen, mich bei Kai entschuldigen und die Einladung zu dieser lächerlichen Geisterjagd ablehnen? Keine Ahnung, warum es mir so schwerfällt, eine Entscheidung zu treffen, immerhin bin ich ihm nichts schuldig. Aber ich bin noch nie ein Mensch gewesen, der jemanden wegen seiner Vorlieben oder Hobbys ablehnt. Nur weil seines so grotesk und schwachsinnig erscheint, kann ich doch jetzt nicht damit anfangen, gegen meine eigenen Prinzipien zu verstoßen. Immerhin fand ich ihn vor dem Durchstöbern seines Facebook-Profils mehr als nur attraktiv. Verdammt, vielleicht ist auch meine unter Entzug leidende Libido an diesem verzweifelten Akt schuld. Zumindest hat mich das Ganze dazu gebracht, als Stadtmensch in den Odenwald zu kommen und dieses wunderschöne Fleckchen kennenzulernen, das mir sonst vermutlich immer verborgen geblieben wäre.
Wobei auch diese Idylle momentan ein wenig gestört wird, als ich hinter mir ein mittlerweile vertrautes Geräusch höre. Das näherkommende Röhren eines Motorrads bringt die friedliche Atmosphäre und meine ohnehin schon chaotischen Gedanken eindeutig ins Wanken. Ohne mich umdrehen zu müssen, kann ich das Vibrieren der Maschine und ihres kräftigen Motors spüren, als sie neben mir auf der freien Parkfläche abgestellt wird.
Unabhängig von dieser kurzen Ablenkung fühlt es sich an, als würde ich die Fassade des Hofguts vor mir schon eine Ewigkeit anstarren. Aber was soll schon passieren, wenn ich hierbleibe? Im schlimmsten Fall vermutlich nicht mehr als ein wenig verschwendete Lebenszeit. Vielleicht macht es sogar Spaß, mal in eine andere Welt abzutauchen? Immerhin scheint sie Kai in helle Aufregung zu versetzen. Dieses Funkeln in seinen Augen habe ich zuvor noch nie bei ihm gesehen. Ich muss zugeben, dass noch nie ein Mann solch eine Herausforderung für mich gewesen ist. Ich hatte bisher immer Glück, schnell auf Interesse bei dem anderen Geschlecht zu stoßen. Aber nicht bei Kai. Bislang hat er auf jeden von meinen wohlplatzierten, aufreizenden Augenaufschlägen nur mit einem freundlichen Lächeln reagiert. Hach ja, da spricht sie wieder aus mir, meine verbitterte Libido.
„Und worauf wartest du?“, höre ich einen Kerl neben mir fragen.
Vorsichtig blicke ich über meine Schulter, um mich zu vergewissern, dass er telefoniert. Aber es ist kein Telefon in seiner Hand zu sehen, stattdessen trifft mich völlig unerwartet der Blick seiner stahlgrauen Augen. Der rauchige, tiefe Ton seiner Stimme bebt noch immer durch meinen Körper. Gott, warum musste der Typ mit dem Motorrad sich ausgerechnet den Parkplatz neben mir aussuchen? Und warum, verdammt noch mal, sieht ein Mann, der sich, während er lässig gegen seine Maschine lehnt, den Helm und eine abgenutzte Motorradjacke auszieht, nur so heiß und verwegen aus?
Das ist natürlich eine rhetorische Frage!
Die schwarze Jeans sitzt tief auf seinem Becken und sein eng anliegendes Shirt betont jeden einzelnen seiner perfekten Muskeln. In seinem rechten Ohr erkenne ich einen kleinen schwarzen Ohrtunnel, der jedoch fast vollständig von seinem wilden blonden Haar verdeckt wird. Das Blond zieht sich in einem dunkleren Ton durch seinen Dreitagebart und auch auf seinen starken Unterarmen glänzen seine Härchen wie Gold in der Sonne. Mit der leichten Sommerbrise weht sein männlich herber Geruch zu mir herüber. Er ist einfach die Versuchung in Person und genau der Typ Mann, dem ich aus dem Weg gehen will, weil ich ihm sofort verfallen könnte. Ich besinne mich darauf, dass ich dieses Mal auf der Suche nach etwas Langfristigem und Ernsthaftem bin. Selbst wenn meine Libido gerade die Arme in die Höhe reißt und sich am liebsten jubelnd und schreiend auf diesen Kerl stürzen würde, um sich nach dem vermutlich besten Sex ihres Lebens mit ihm auf sein Motorrad zu schwingen und direkt in Richtung Heartbreak City zu fahren – und dort allein ausgesetzt und zurückgelassen zu werden. Aber nicht mit mir! Ich kenne diese Art Männer zur Genüge und habe mir geschworen, die Finger endgültig von sexy Bad Boys zu lassen. Es ist an der Zeit, auch mal einen von den netten Kerlen abzubekommen. Einen Mann, den alle Schwiegermütter lieben. So einen wie … Kai.
Ach Mensch, warum musste ich nur sein Facebook-Profil anschauen und mich davon beeinflussen lassen? Und dennoch stehe ich hier in der Einöde und bin seiner Einladung zu einer Geisterjagd gefolgt.
Aber durch diese Entscheidung stehe ich nun auch vor diesem sexy Typen und starre ihn die ganze Zeit gedankenverloren an. Peinlich!
Meine Musterung endet wieder bei seinen Augen, die mich unentwegt und belustigt beobachten. Ich kann seinem intensiven Blick nicht schnell genug ausweichen, selbst wenn ich es gewollt hätte.
Widerwillig sortiere ich meine Gedanken, die dank des Motorradfahrers noch verworrener sind, als sie es sowieso schon waren. Schnaufend drehe ich mich zurück zum Hofgut und widme mich erneut meinen Überlegungen, was ich hier eigentlich mache und mir davon erhoffe.
„Also? Worauf wartest du?“, fragt der Fremde erneut, stellt sich dicht neben mich und begutachtet nun, genau wie ich, den Weg hinauf zum Hofgut.
„Auf etwas Klarheit … und vermutlich auch auf meinen Mut?“, gebe ich nach kurzem Zögern mehr fragend als überzeugt zurück. „Der ist mir irgendwo unterwegs abhandengekommen.“ Stimmt ja irgendwie. Als ich Charly und Ben am Montag verlassen habe, war ich noch wesentlich überzeugter, mir Kais Hobby anzuschauen und mich eventuell darauf einzulassen.
„Soll ich dir beim Suchen helfen?“
Ich schaue kurz zu ihm rüber und kann sein selbstgefälliges Lächeln auch von der Seite erkennen.
„Nicht nötig. Ich weiß, wo er ist. Irgendwo ganz tief im Erdboden versunken.“ Deutlicher kann eine Abfuhr doch wohl nicht sein? Schließlich habe ich keine Lust auf Small Talk, der mich auf noch verworrenere Pfade führt, doch Mister Ich-bin-verdammt-sexy-und-weiß-es lässt sich davon nicht beirren. „Ah, verstehe. Könnte schwierig werden, ihn da wieder rauszukriegen.“
Ich sehe ihn ungläubig an, als er sich vor mich stellt und meint: „Aber ich bin ziemlich gut im Suchen und auch ziemlich stark.“
Daran habe ich keine Zweifel … Aber wie deutlich soll ich noch werden? Meine Körpersprache scheint zwar etwas anderes zu sagen, doch meine Lippen formen ein klares „Nein, danke!“
Bevor mein williger und verräterischer Körper etwas Falsches tut, drehe ich mich zum Gehen um und laufe schnurstracks – wenn auch ein wenig verwirrt – in den Wald hinein, der glücklicherweise alles hier umrahmt. Dort will ich auf sein Verschwinden warten. Sicher möchte er nur an irgendeiner Ecke seine Blase entleeren und dann weiterfahren.

~*~

Nachdem ich etwa zehn Minuten einen steinigen Weg auf und ab gelaufen bin und kaum etwas von der Natur wahrgenommen habe, weil mir unsäglich viele Gedanken durch den Kopf jagen, gehe ich eine kleine hölzerne Treppe den Hang hinab und komme direkt neben dem Mitarbeitereingang des Hofguts an. Ich schlängele mich an einem Transporter vorbei, aus dem gerade Lebensmittel abgeladen werden, und finde schnell den Weg zum Aufgang des Hotels, den ich vorhin aus der Ferne gesehen habe. Ich werde den Nachmittag einfach durchziehen und dankend ablehnen, sollte ich noch einmal zu solch einer Veranstaltung eingeladen werden. Dieses Mal bin ich mental vorbereitet und werde nicht wieder den Wackeldackel spielen, egal, welchen hoffnungsvollen Blick Kai auspackt.
Wie im Außenbereich spiegelt sich auch im Inneren des Hofguts eine Wärme wider, die ich nicht erwartet hätte. Zu meiner Rechten befindet sich eine gemütliche Sitzecke, die Wände sind in einem warmen Cremeton gehalten und die urigen dunklen Möbel lösen ein Gefühl des Wohlbefindens aus, anstatt einen zu erschlagen.
Auf der linken Seite finde ich den kleinen Empfangsbereich vor: ein hoher Tresen mit Computer darauf und einigen Flyern aus der Umgebung. Aus dem Hinterstübchen tritt ein älterer Herr mit weißem, perfekt geschnittenem Haar hervor. Er ist in eine dunkelblaue, vornehme Uniform gekleidet und begrüßt mich sofort mit einem freundlichen Lächeln. „Wie kann ich Ihnen helfen, Fräulein?“
„Guten Tag, mein Name ist Elena Klein und ich bin hier zu einer Veranstaltung eingeladen.“
„Wir haben heute einige Veranstaltungen. Wo genau möchten Sie hin?“
„Kai Semmler hat mich eingeladen“, konkretisiere ich meine Anfrage nach bestem Gewissen, denn ich habe keine Ahnung, wie der Name dieser Veranstaltung lautet. Wie jage ich einen Geist, ohne selbst einer zu werden? Crashkurs durch den Geisterjägerknigge? Können uns Geister besser sehen als wir sie?
Kurz darauf höre ich ein lautes Lachen aus dem Zimmer, das sich hinter dem Empfangsbereich versteckt. Der Mitarbeiter des Hofguthotels dreht sich mit entschuldigendem Blick zu der Tür um, die soeben aufgeschoben wird.
„Ich übernehme das, Gerald.“ Die Stimme kommt mir nur allzu bekannt vor und ich würde am liebsten im Erdboden versinken – und zwar genauso schnell, wie sich mein Mut dorthin verkrochen hat. Mister Ich-bin-verdammt-sexy-und-weiß-es tritt neben den älteren Herrn und bittet ihn freundlich zur Seite.
„Natürlich, Nick, aber versuche, freundlich zu bleiben“, brummelt der Empfangsmitarbeiter beim Verlassen seines Platzes. „Viel Spaß auf Ihrer Veranstaltung, Fräulein Klein“, verabschiedet er sich noch von mir und Mister Sexy lacht erneut. Nachdem er sich beruhigt hat, stützt er sich lässig mit den Unterarmen auf dem Tresen ab und wendet sich wieder an mich: „Du hast deinen Mut also wiedergefunden?“
„Ich bin mir nicht ganz sicher …“ Skeptisch sehe ich ihn an und frage mich, warum er hinter dem Tresen steht. Ich vermisse Gerald schon jetzt. Die Stimmung ist plötzlich sehr seltsam geworden. Vermutlich, weil es mir ein wenig unangenehm ist, mit ihm über den Grund meines Besuchs auf diesem Hofgut zu sprechen.
„Bitte entschuldige. Ich will dich nicht noch mehr verschrecken. Ab jetzt läuft alles ganz professionell.“ Er räuspert sich und richtet sich auf.
„Danke.“
„Ich bin Nicklas und der Juniorchef des Hofguts Rodenstein. Ich freue mich sehr, Sie hier begrüßen zu dürfen.“
Ich mustere noch einmal sein Outfit. Er trägt noch immer T-Shirt und Jeans. ‚So sieht niemals ein Juniorchef aus!‘, denke ich ungläubig.
„Leider kam ich noch nicht dazu, mich umzuziehen, aber für Sie möchte ich mir höchstpersönlich Zeit nehmen.“
„Schleimer …“ Shit! Das habe ich wirklich laut gesagt. Erst denken, dann sprechen, Leni. Nicklas ohne Nachnamen sieht mich nach meinem Ausrutscher streng an. Aber auf eine Weise, die nicht nur tadelnd, sondern auch herausfordernd ist. Beinahe, als würde er sich vorstellen, mir die Kleider vom Leib zu reißen, mich über seinen Schoß zu legen und diesen Fauxpas mit einem Klaps zu bestrafen. Vielleicht ist das aber auch nur meine Wunschvorstellung. Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, korrigiert er diesen Blick schon wieder in einen offenen, belustigten Ausdruck.
„Sie sind also hier, um Geister zu jagen?“ Er lacht wie schon zuvor in dem Raum hinter dem Empfang. Ein kehliges und ein wenig abschätzendes Lachen. „Kein Wunder, dass Sie erst auf Ihren Mut warten mussten.“ Er greift sich eine der Broschüren über das Hotel und einen Stift. Routiniert kreist er einige Dinge darauf ein, während ich versuche, mich zu verteidigen. „So ist das nicht gemeint gewesen …“
„Wofür brauchen Sie dann Ihren Mut?“
„Das geht Sie herzlich wenig an“, gebe ich etwas zu schnippisch zurück, aber seine Penetranz geht mir allmählich auf den nicht vorhandenen Sack. Ich will doch nur diesen unsäglichen Nachmittag hinter mich bringen. Gott, ich hätte auf Ben und nicht auf meine beste Freundin hören sollen, dann wäre mir dieses Gespräch und der Geisterkram erspart geblieben.
„Sie haben sich wirklich hübsch gemacht. Wollen Sie vielleicht einen Mann für sich gewinnen?“
Er findet mich hübsch? Ich spüre, wie das Blut in meine Wangen schießt und sie rot aufglühen lässt.
„Hrmmh“, räuspere ich mich. „Wie ich schon sagte, es geht Sie herzlich wenig an.“ Sein Blick wird etwas düsterer, vermutlich, weil ich immer noch nicht auf seinen Small-Talk eingehen will.
„Also gut, lassen wir dieses Thema einfach. Brauchen Sie noch Hilfe mit Ihrem Equipment?“
„Was für ein Equipment?“
„Ihre Ausrüstung für die Geisterjagd. Ihre Kollegen sind schon mit dem üblichen Kram hier eingetroffen.“ Erneut dieser abschätzige und urteilende Unterton. „Ich dachte, dafür wäre dieses Treffen anberaumt.“
Ich sehe mich hilflos um. Warum bin ich nur so ein Trottel?
„Bevor Sie es in Erwägung ziehen, Ihr Handy wird nicht ausreichen. Die anderen haben bereits größere Kameras hier angeschleppt.“
„Danke für den Hinweis.“
„Schade, dass wir uns jetzt erst kennenlernen, sonst hätten Sie mich anrufen und sich erkundigen können. Ich habe viele hilfreiche Tipps auf Lager. Diese sogenannten Geisterjäger tauchen hier öfter auf, als es mir lieb ist.“
„Ja, klar“, gebe ich abwesend zurück und bin vor lauter Grübeln schon wieder in meiner eigenen Welt gefangen. „Als ob mir das jetzt helfen würde.“
„Vielleicht gäbe es da etwas, das wirklich helfen könnte.“
Ich sehe neugierig zu ihm, obwohl ich das nicht tun sollte. Diese Situation und mein verzweifelter Versuch, Kai nicht zu enttäuschen, machen alles nur noch komplizierter.
„Aber sagen Sie mir zuerst, warum Sie unbedingt dazugehören wollen?“
„Ich möchte gar nicht dazugehören.“
„Dann wollen Sie jemandem etwas beweisen?“
Ich schlucke und stammele leise: „Wohl eher nicht enttäuschen.“
„Weil Sie selbst schon einmal enttäuscht worden sind?“
Erschrocken sehe ich ihn an. Er kennt mich nicht einmal und kann doch meine Zweifel besser deuten als ich selbst. Der Schmerz über all die gescheiterten Beziehungsversuche sitzt wohl doch tiefer als gedacht. „Das geht Sie nichts an“, antworte ich beinahe atemlos und richte die Tasche auf meiner Schulter, um schnellstmöglich zu fliehen. Doch er hält mich mit seinem entschuldigenden Tonfall hier gefangen, als wolle er sein unangebrachtes Aushorchen wieder gutmachen. „Sie könnten die Kamera des Hotels ausleihen. Sie hat sogar eine Nachtsichtfunktion, mit der Sie auftrumpfen können. Und wenn Sie mir ein Lächeln zuwerfen, wie sie es vorhin Gerald zum Abschied geschenkt haben, dann bekommen Sie auch noch ein Stativ dazu.“
Dieses Mal lache ich laut. „Ja klar und das alles zum einmaligen Preis von 99,99 Euro.“
„Den Preis setze ich fest.“ Da ist er wieder: der Blick, der die Kleider auf meinem Körper in Nichts auflösen könnte.
„Ich denke, das wird nicht nötig sein.“ Keine Ahnung warum, aber ich habe das Gefühl, dass er mich reinlegen will. „Könnten Sie mir einfach sagen, wo ich hinmuss?“
Er kritzelt noch etwas auf den Flyer des Hotels und reicht ihn mir dann. „Sie finden die Tagungsräume auf der anderen Seite des Gebäudes. Es ist der linke Raum, aber Sie werden die Leute schon erkennen. Viel Spaß, Frau Klein.“ Er setzt zum Abschluss noch ein perfektes, gehässiges Lächeln auf, als würde er spüren, dass ich nicht wirklich dazu gehöre oder allen nur etwas vormache. Hoffentlich hat Kai nicht auch so ein feines Gespür wie dieser zwar überaus heiße, aber leider auch extrem unausstehliche Kerl.

Auf dem Weg zu den Tagungsräumen versuche ich meine Unsicherheit zu verbergen und völlig selbstbewusst aufzutreten. Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz des menschlichen Verhaltens zu sein, sich wie ein Trottel zu benehmen, wenn man auf der offensiven Suche nach einem Partner ist. Als ich nur für Spaß und leichte Affären zu haben war, mein Sexleben ausleben und so viele Erfahrungen wie möglich sammeln wollte, kam ich mir nicht so unbeholfen vor.
Doch egal, wie es in meiner Vergangenheit abgelaufen ist, heute könnte man meinen, ich wäre eine fünfundzwanzigjährige Jungfrau. So benehme ich mich zumindest in den letzten Tagen, seit ich versuche, Kai für mich zu gewinnen. Ich korrigiere: versuchte, Kai für mich zu gewinnen. Bislang hat mich meine sexuelle Offenheit und Erfahrung eigentlich immer bestärkt, locker auf Männer zuzugehen, doch auf der Suche nach etwas Festem beschleicht mich das Gefühl, damit eher weniger punkten zu können.
„Kann ich mal bitte vorbei?“, reißt mich eine männliche Stimme aus meinen Gedanken.
Wie ein Trottel stehe ich im Weg, als ein Kerl in Wanderstiefeln und Outdoorbekleidung an mir vorbei will. Er hat einen riesigen, vollgestopften Trekkingrucksack auf, an dem seitlich ein Stativ und ein Helm mit Leuchte befestigt sind. Keine Ahnung, wie diese Dinger im Fachjargon heißen. Aber allein die Tatsache, nicht einmal das zu wissen, verunsichert mich noch mehr. Auf einmal wünsche ich, dass ich mich besser vorbereitet hätte. Ich hätte mir genau überlegen müssen, warum ich hierherkomme, was ich mir davon verspreche, und mir dann einen Grund für eine Absage bezüglich des Geisterjägerkrams zurechtlegen müssen, oder ich hätte vorher googeln müssen, welche Ausrüstung man als Geisterjäger benötigt.
„Dieser Mistkerl!“, fluche ich leise. Nicklas aka Mr. Juniorchef aka Mister Sexy hat mich mit seinen Kommentaren zu den Geisterjägern während unseres Gesprächs am Empfang nun doch eiskalt erwischt. Das hat er sicher absichtlich gemacht, damit ich auf sein – vermutlich unmoralisches – Angebot eingehe. Wenn ich doch nur wüsste, was er damit bezweckt. Aber er hat die Falle gekonnt platziert und ich bin kurz davor hineinzutappen. Vor Wut würde ich am liebsten den Flyer, den er mir gegeben hat, zerreißen, doch dabei fällt mein Blick auf das, was er dort vermerkt hat. Der Kerl hat dreist einen Satz auf der Hotelbroschüre geändert. Ursprünglich stand dort geschrieben: Sollten Sie Hilfe benötigen, kommen Sie gerne zu uns an die Rezeption.
Er hat jedoch die letzten Worte durchgestrichen und handschriftlich ersetzt, sodass nun dort steht: Sollten Sie Hilfe benötigen, kommen Sie gerne zu mir ins Zimmer Nummer 13.
Bin ich wirklich so dämlich, darauf hereinzufallen?

~*~

Die Antwort ist Ja, denn meine Neugier hat gesiegt.
Neben dem Empfangsbereich befindet sich die Treppe zu den anderen Etagen. Ich laufe sie langsam nach oben und mit jeder Stufe wird trotz aller Neugier ein bisschen mehr Unbehagen auf meinen Schultern abgeladen, dessen Gewicht mich eigentlich wieder nach unten in Richtung Auto ziehen sollte.
Eine ebensolche Last ruht auf meinem Arm, als ich vor der Tür mit der Nummer dreizehn stehe. In der oberen, zweiten Etage gibt es nur drei Zimmer, die recht groß zu sein scheinen. Herr Juniorchef hat sich wohl eines der geräumigen Zimmer gekrallt. Ob es ein schlechtes Omen ist, dass ich freiwillig am Zimmer mit der Nummer dreizehn klopfen werde? Noch mehr Unglück kann ich momentan wirklich nicht gebrauchen. Ich schaffe das schon gut alleine, mich immer tiefer in diesen Schlamassel zu reiten.
Meine Faust schwebt noch immer in der Luft vor dem Holz und kann sich nicht überwinden, zu klopfen. Dennoch wird nach einigen Sekunden die Tür geöffnet und ich reiße schnell die Hand nach unten und presse sie wieder an meinen Körper.
„Dein unglückliches Seufzen ist bis in mein Zimmer zu hören.“ Vor mir sehe ich Nicklas’ selbstgefälliges Lächeln, das mir von unten noch im Gedächtnis geblieben ist. „Hört sich nicht so an, als ob du deinen Mut wiedergefunden hast. Also willst du meine Hilfe doch annehmen?“
Er lehnt sich lässig gegen den Türrahmen, während ich nicht einmal einen halben Meter vor ihm stocksteif dastehe und sich meine Kehle trockener denn je anfühlt. Warum? Ich habe wohl vergessen, zu erwähnen, dass er nichts als Shorts und eine Kapuzenjacke trägt. Das klingt zwar nach nichts Besonderem oder Erwähnenswertem, allerdings ist der Fakt, dass er die Kapuze mittlerweile über sein nasses Haar gezogen hat, nicht weniger verwegen und sexy als die Tatsache, dass sich einige Tropfen aus seinem nassen Haar ihren Weg über seine halb nackte Brust bahnen. Seine Jacke ist unten nur leicht geschlossen, als hätte er sie sich nach dem Duschen schnell übergeworfen. Dennoch verdeckt sie sein Tattoo genug, damit es weniger Aufmerksamkeit als seine Bauchmuskeln erregen kann. Nicht, dass ich das innerhalb von wenigen Sekunden analysiert hätte oder ihn übermäßig anstarren würde … Versuche ich mir einzureden … Aber verdammt, ist der Kerl heiß! Zu gut aussehend, um bei klarem Verstand zu bleiben.
„Ich wollte Ihr Angebot mit der Kamera annehmen.“ Nur weil er mich plötzlich wieder duzt, werde ich nicht aufhören, weiterhin professionell zu bleiben und ihn höflich zu behandeln. Innerlich ermahne ich meine Libido, mit dem Sabbern aufzuhören und Professionalität zu wahren. Mit größtem, mentalem Kraftaufwand versuche ich, meine Augen von einem Wassertropfen abzuwenden, der gerade über sein Sixpack rollt. Mein Blick verirrt sich jedoch noch weiter nach unten und bleibt auf einer Region hängen, die definitiv nicht zu angemessenen und pulsregulierenden Gedanken führt.
„Es freut mich immer, wenn ich meinen Gästen helfen kann. Komm kurz rein.“
Bloß nicht! Freiwillig in die Höhle des Löwen?
„Nein, ich warte hier draußen.“ Meine Stimme klingt erbärmlich, wie ein raues Kratzen kurz nach dem Aufstehen – nach einer wilden Nacht. Dennoch bin ich von mir selbst überrascht. Meine Lippen scheinen ein Eigenleben entwickelt zu haben, denn mein Gehirn trägt zu diesem Gespräch eigentlich nichts Sinnvolles bei, außer meinen Atem zu beschleunigen und ein unangebrachtes Kribbeln in meinen Unterleib zu senden.
Viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt, bemerke ich erst einige Sekunden später, dass er mich belustigt ansieht.
„Gibt es ein Problem?“, entfährt es mir patzig.
„Nein, aber wir sollten vorher noch über die Bezahlung sprechen.“
„Ähm“, stammele ich. Ich hätte es besser wissen müssen. Sein hinterhältiges Grinsen, als wir dieses Thema unten am Empfang hatten, sprach schon Bände. Schulden – egal, welcher Art – werde ich sicher wegen dieses lächerlichen Ausfluges nicht auf mich nehmen. „Eigentlich war das ein großer Fehler.“ Schnell drehe ich mich zum Gehen um, doch Nicklas packt mich am Handgelenk und zieht mich zu sich heran.
Hilfe! Warum muss er mir plötzlich so nahe sein, wo ich es doch gerade noch geschafft habe, die einzig richtige Entscheidung zu treffen? Mein Atem stockt. Ich versuche, mich aus seinem Griff zu befreien, aber er bleibt eisern und unnachgiebig und mein Körper reagiert sofort mit einem aufgeregten Kribbeln. Warum spielen meine Fantasien nur verrückt, wenn mich ein Mann etwas fester berührt? Eigentlich sollte ich in Panik verfallen und mein Fluchtinstinkt sich einschalten. Doch ich scheine in seiner Gegenwart nicht mehr auf meinen klaren Verstand vertrauen zu können. Vergessen sind die Sorgen um meine Sicherheit und meine guten Vorsätze. Obwohl mein Körper so heftig auf seine Berührung reagiert, ist es definitiv keine gute Idee, erneut auf das Bad Boy Schema hereinzufallen, da es sich auch dieses Mal mit Gewissheit als ein großer Fehler ohne gemeinsame Zukunftspläne entpuppen wird.
„Wovor hast du nun wieder Angst, Süße?“, fragt sexy Nicklas mit gesenkter Stimme.
Vor so vielem, was du verkörperst, denke ich. Aber das wird er niemals erfahren.
„Du willst zum zweiten Mal wegrennen, weil du mich siehst? Hast du Angst vor mir?“

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